Viel Gereime um nichts

Ich hab’s Gefühl,  ich werd heut etwas schreiben,
doch was es wird, das weiß ich jetzt noch nicht.
Laß ich’s diesmal wieder einfach bleiben,
oder wird es vielleicht ein Gedicht?
Verse vom Nichts, Reime zum Zeitvertreiben,
ohne Handlung, Action noch Geschicht;
manchmal muß ich dem Thema vorauseilen,
und so sind sie entstanden, diese Zeilen.

Hin und wieder ist etwas geschehen,
und das Schreiben kann ich halt nicht lassen,
auf daß mir die Worte nicht vergehen,
die mir fehln, um mein Gemüt zu fassen;
mal sind’s Träume, die mich veranlassen,
erste Lyrikkeime zu erspähen,
und manchmal packt mich einfach mal der Drang,
und auch ohn Inhalt ist das ein Anfang.

Das Leben ist halt manchmal ziemlich öde
Und diese Woche ist auch gar nichts los,
dann wird der Alltag mir langsam zu blöde;
und ich frag mich: Mensch, was machst du bloß?
Der Mensch wird ohne Aufträge schnell müde,
kein Geld zu haben, taugt auch nicht zum Trost.
Da muß man sich vom Drecksalltag befreien,
damit die Träume endlich mal gedeihen.

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Flieg doch heim!

Ich höre schon, was manche Leute sagen,
muß man sich über etwas mal beklagen,
„Was tuste dich die ganze Zeit bloß plagen,
findste das Leben so schwer zu ertragen,
dann flieg doch heim!“

Sagt einer, dies sei auch nicht das Gelobte Land,
weist du den Gedanken adrett von der Hand,
es will dir einfach nicht in den Verstand;
du sagst „Na los, dann krieg ich Dosenpfand,
fliegst du jetzt heim!“

Mal unter uns, ich kenne dich auch anders,
und weiß auch, wie’s dir wirklich dabei geht,
wohin du manchmal in Gedanken wanderst,
wenn der glühweinlose Winterwind hier weht.
Erwähnst du etwas außerhalb dies Landes,
merkst du, daß dich dann kaum ein Mensch versteht.
Gib’s zu, du wärst manchmal lieber woanders,
auch dein Herz ist mal Heimatsuchgerät.

Im Traum bist du in Bochum oder Potsdam,
sortierst du deinen Müll noch dreifach aus,
ißt Döner auf der Parkbank da am Ku’damm,
hängst die blauweiße Landesfahne aus,
Heimweh ist doch die Regel, keine Ausnahm,
wer sehnt sich nicht bisweilen nach „zu Haus“?

Der „flieg-doch-heim“-Quatsch, will ich mal gesacht ham,
der hängt mir langsam schon zum Halse raus.

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Warmblütlers Wintergedicht

Im Winter kommt des Jahres letztes Gähnen.
Für Langschläfer ist diese Zeit gedacht.
Doch kaum ist man aus flausch’gem Schlaf erwacht,
merkt man, wie bitt’re Winde ihn verhöhnen.

Die Decke ist fast zum Umarmen dick,
die Kissen sind so warm wie Lagerfeuer,
nur widerstrebend steigt man aus der Heia;
nostalgisch gönnt man sich ´nen letzten Blick.

Gewidmet ist der Winter stets der Wärme
(man sucht nun mal des Wetters Gegenteil),
und während man vorm Busbahnhof verweilt,
sucht man in Gedanken gern die Ferne.

Kartoffeln, Zwiebeln, Sellerie, Tomaten,
ein liebevoller Dampf hängt in der Luft
mit einem Hauch von Knoblauch (gut gebraten)
—  berauschend ist der Minestrone Duft.

Doch hat man sich gebührend ausgefeiert,
wird einem  diese Jahreszeit schnell alt,
„Sauwetter“ ruft man dann (leicht angereiert),
Fürn Winter gibt’s dann nur ein Wort: arschkalt.

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Busfahrerlied

(Melodie: Die Arbeiter von Wien)


Wir
sind’s, die leben nur nach dem Fahrplan.

Wir kommen immer am spätesten an.
Wir stehen
draußen in Hitze und Kält.

Wir
bangen um die Erhöhung des Fahrentgelts.


So sieht das Leben aus

für den, der busfährt,

dem es zum Meckern immer reicht,

sind nie verspäteter

als wenn’s nach Haus geht,

weil das Ist stets vom Plan abweicht.


Mit
Rippenschmerzen vom Olecranon

Des Weggefährten
und Umsteigebon

Taxis
und Autos – für uns sind’s nur Hohn.

Des
Fahrers Gefauche als einziger Lohn.

{REFRAIN}

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Wenn wir reden

Wenn wir reden, mach ich mir auch Sorgen
und frage mich, was einmal daraus wird,
wohin dies Weg uns letzten Endes führt;
was heute ist, das weiß ich, aber morgen?
Auch jetzt frag ich: "Wie sie drauf reagiert?"

In vielen Sachen sind wir sehr verschieden:
Du willst die Welt; mir reicht schon Groß-Berlin.
Der Ferne gilt Dein blendend Augenglühn.
Nomen est omen: schließlich heißt du "Kühn".
Nen Wandervogel holt man nicht hienieden.
Du kannst – wie ich – nur in Freiheit aufblühn.

Doch wenn wir reden, find ichs immer schön,
denn dann bin ich auch nicht mehr so einsam,
und vieles haben wir ja auch gemeinsam.
Ich wünsch mir Deine Nähe, sei gewiß,
auch wenn du "heillos unpolitisch" bist,
was ich jetzt nur so nebenbei erwähn.

Wenn wir reden, ist Hoffnung auch dabei,
auch wenn ich mich stets vorsichtig ausdrück
(bei mein Gefühln ist das kein schlechter Trick).
Denn die Zukunft schwebt mir dann vor Augen,
und ich denk: Zur Liebe könnt es taugen,
was hier langsam zwischen uns erblüht.
Diese Gedanken sind – weiß ich – verfrüht.
Doch immerhin steht mir das Träumen frei.

Und wenn wir reden, denk ich nur an Dich,
an Deiner Augen süßes Schelmenlicht,
an jene zarte Wärme im Gesicht.
Deine Worte sind mir kleine Kostbarkeiten;
Du ahnst jahnich, welch Freud sie mir bereiten.
Dein Wesen war mir eingangs schon vertraut
(ich hoff, hiermit hab ichs jetzt nicht versaut).

Was steht jetzt letzten Endes unterm Strich?
Als Fazit nur dies Satz: Ich liebe Dich.

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An M.K.


Vor wie nach jenen "tausend Jahren"
Haben wir sehr viel von Dir erfahren,
von Zärtlichkeiten zwischen Stempelgängen,
von Weckern (die tät auch ich lieber sprengen),
davon, wie aus ‘nem Sie ein Du entsteht,
davon, wie’s Emigrantenkindern geht,
von unserer Stadt, wo’s grau ist und wo’s grün;
wer Dich liest, weiß: Berlin ist stets Berlin.


Wer Erfahrung hat mit der Emigration,
findet jedesmal bei Dir Inspiration;
wer das Leben halb von außen sieht,
vor allem ihm hat Deine Stimm’ geblüht.
Wer in der Fremde an "Daheim" gedacht,
mit ihm hast Du geweint und auch gelacht.


Wem Savignyplatz und Havel etwas sagen,
wer fort mußte, obwohl er gern geblieben,
mit Dir kann er det Lehm besser ertragen,
wo er auch weilt, ob hüben oder drüben.
Deine Verse sprechen allen von der Seele,
die je gefragt: "Reicht’s noch bis Ultimo?"
Wenn ich aus Verzweiflung meine Münzen zähle,
les ich Dich, und fühl mich wieder froh,
denn zwar sind Geld und Arbeit nicht vorhanden,
von Dir fühl ich mich immerhin verstanden.

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Geburtstagsgruß

Für I.K.

Was kann man von der Zukunft sich versprechen,
ohn daß sie gleich ihr Rücktrittsrecht ausübt,
um sich an den Erwartungen zu rächen?
Am leichtesten wird Zukunftsglück betrübt.
So früh sollt ich ja bloß nicht zuviel sagen,
will aber diesem Umstand Rechnung tragen:
und zwar, ich bin sehr froh, daß es Dich gibt.

Muß ich mit der Schlaflosigkeit ringen,
so schwebt mir oft vor Augen Dein Gesicht;
hellwach träum ich von vielen schönen Dingen,
und frage mich, ist es vielleicht töricht,
an einer, der ich nie gegenübergesessen,
ne halbe Armee Narren aufzufressen,
doch Irrealeres durft schon anderen gelingen.

Heut läßt das Heimweh sicher ganz lieb grüßen,
an so ‘nem Tag will man Familie sehn.
Ich hoffe, dieses Lied lindert’s ein bißchen.
Man feiert Dein dreißigjähriges Bestehn
in aller Welt; ich schenk Dir erst mal ‘n Küßchen,
und wünsch Dir "allet Jute", feier schön!

 

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35-Mark-Ticket – Erster Teil

I. Bf Fieberbrunn (Tirol)

Vorm kleinen Bahnhof Fieberbrunn
steh ich, vor Kälte zitternd;
mein rechtes Bein ist noch sehr wund
vom Flug aus meinem Schlitten.

Abfahrt D-Zug Richtung Norden.
Entzückend ist die Wärme
Zurück zu Münchens Bajuwarenhorden,
auf dem Weg in die preißische Ferne.

II. München Hbf

Nach einer Woche Dorfidyll
grüßt mich Münchens Gedränge.
Mit Koffern (zwei, ganz überfüllt)
mach ich mich durch die Menge.

Des Zeitdrucks bin ich voll bewußt; ich schau zur Uhr empor.
Von Hungers wegen fahr ich dann per U-Bahn zum Sendlinger Tor,
fahr dann zurück zum Hauptbahnhof, und find ‘nen Automaten.
Jetzt bin ich erstmal satt, erholt von Pizza und von Spaten.
Nen Zwanz’ger, Zehner, und nen Fünfer werf ich dann hinein,
und nehm dann meinen Fahrausweis; ein schönes Wochenend wird’s sein.

Denn diesmal fahr ich nicht etwa mit IR oder RB,
sondern endlich mal mit der berühmten ICE.
In den weichen Sitzen kann man angeblich fast liegen;
direkte Fahrt, also wird auch nicht dauernd umgestiegen.

III. Die Offenbarung

Das wird echt schön, denk ich, und mach mich sofort nach dem Kauf
zum DB-Infoschalter die Treppen gleich hinauf.

"Mit SW-Ticket nach Berlin,
wie läßt sich das am schnellsten machen?"
Die Augen der DB-Frau glühn,
jetzt wird sie mich auslachen.
Grinsend gibt sie dann mal schnell die ganzen Daten ein,
"I sog Ehn’ gleich, die Foat wird wohl a bißerl länga sein."

Schadenfroh reicht sie mir ‘s Blatt mit den Reisedaten drauf,
und mein Wunschtraum von ICE löst sich ganz plötzlich auf.
‘S ist alles IR und RB, jeweils nur kurze Strecken.
Und an der Reisedauer könnte man ja glatt verrecken.
Zwischen Abfahrt und Ankunft
liegt ‘ne 26-Stunden-Fahrt.
Das sprengt den Rahmen der Vernunft!
Ich glotze wie erstarrt.

Zu allem Überfluß wird auch gleich sechsmal umgestiegen.
Ich könnt schon vor lauter Verdruß ne Kreislaufkrise kriegen.

Doch denk ich, davon laß ich mich nicht einfach so abschrecken,
denn wer Schönes haben will, muß auch ganz schön einstecken.

Ich merk mir schon die ersten Runden,
Nürnberg, Hof, dann Plauen.
In Hof ist der Umstieg mit ‘nem Haken verbunden.
Ich lese voller Grauen:
Aufenthalt: 120 Sekunden;
Verspätung könnt alles versauen,
In Lichtentanne (hat sogar die Landkarte vergessen),
wird Nachts fast eine Stund in so ‘nem Warteraum gesessen.
Ankunft Leipzig: Mitternacht.
Aufenthalt: vierundhalb Stunden.
Darauf folgt Dessau, dann Berlin
(mit der Frage verbunden:
Schaff ich das? Kann ich’s durchziehn?)
Es würd mich schon sehr wundern.

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Parteitag

Im Vierjahrestakt darf hier das Volk entscheiden,
an welchen Bonzen es das Land verhökert.
Um dies Aufgabe kann man es nicht beneiden,
wenn man mal in den hiesigen Medien schmökert.
Da sieht man schon: Man kann sie kaum unterscheiden,
nur Schwachsinn wird in der Presse bemeckert.
Gefragt, unter wem wollt ihr denn lieber leiden,
wird hier nicht gefaltet, sondern durchlöchert.
Ne gute Hälfte sieht die Bonzen protzen,
und kann nicht wählen, sondern nur noch kotzen.

Genau wie damals zwischen Oder und Elbe,
hat man die Wahl: das Gleiche oder Dasselbe.

Der eine hat auf Bauerndörfer gefeuert,
die Abrechnung bracht ihn dann aus der Luft.
Als Kriegsheld wird er heutzutag gefeiert.

Der andre, "Arbeiterheld" in teuerster Kluft,
verspricht sich von Kriegsgegnern einen Sieg.
Derweil er auf Friedensphrasen sich beruft,
bereichert er uns um einen weiteren Krieg.
(Tehran jagt er nur allzu gern in die Luft)

"Historisch" nennt man diesen aufgewärmten Scheiß,
denn gelogen wird auch in schwarz, nicht nur in weiß.

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Verse aus dem Exil

Hier kann kaum jemand meine Verse lesen,
doch schreib ich sie (seit Kurzem) unentwegt,
als könnt ich damit die Sehnsucht auflösen,
die seit acht Jahren mein Herz in sich hegt.
Hör ich hier mal ein "J" (wie in "jewesen"),
spür ich, wie mein Gemüt sich plötzlich regt,
und seh ich Null-Drei-Null vor ner Rufnummer,
erwacht etwas in mir aus tiefstem Schlummer.

Selbst Straßennamen schmecken mir stets köstlich.
Vor allem "Alex" ist ein hoch Genuß,
auch "Ku’damm" klingt mir, wenngleich nicht ganz östlich,
wie verscholl’nen Freundes warmer Gruß.
Hör ich Rosenthaler Platz, denk ich ganz plötzlich
an jene Mischung Freude und Verdruß,
mit der ich damals jedem Tag begegnet,
in Alt-Berlin, wo’s selbst bei Sonne regnet.

"Potsdamer Platz" kennt man vom Hörensagen.
("That’s where the wall was" heißt’s in Juh-Eß-Eh.)
"Charlottenburg" hingegen erntet Fragen,
genau wie "Friedrichshain" und "Plötzensee".
Wie’s einem hier geht? Tja, man kann nicht klagen,
schon gar nicht über die Scheiß-BVG.
Und könnt man hier die Namen buchstabieren,
selbst dann würden sie keinen intressieren.

Es hat sich sicher einiges geändert:
nicht mal der Ärmste will ne D-Mark ham;
die Straßen, durch die ich damals geschlendert –
schon wieder tragen manche neue Nam’.
Wird’s bürgerlich, wohin der Blick sich wendet?
Bist du denn doch noch lieber tot als zahm?
Ich hör schon deine bittren Winde wehen,
und werd erneut in deiner Mitte stehen.

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