Für die Freiheit ham die dich geworben,
für Heimat und Demokratie,
für ein kostenloses Studium,
drei garantierte Mahlzeiten am Tag,
und ein paar Tausend Dollar,
bar auf die Hand.
Deine war die Fahne des Sieges,
der von allen umjubelten Befreiung der Völker,
der Verfassung,
der Menschenrechte,
und alles Guten und Billigen auf Erden.
Schild und Schwert des Vaterlands wolltest du sein,
ein Bollwerk gegen das Böse,
ein Kämpfer Gottes,
oder zumindest der Glaubensfreiheit.
Alle Entrechteten,
Verknechteten,
Unterdrückten,
Versklavten,
Erniedrigten,
Entmündigten der Welt —
mit deiner Waffe wolltest du sie befrein;
Diktatoren,
Sklavenhändlern,
Aggressoren,
Unterdrückern,
Ausbeutern,
Terroristen,
Meuchelmördern —
wolltest du mit Macht das Handwerk legen.
In kameradschaftlichem Schulterschluß auf zum heiligen Sieg.
Der Werber lächelte ein bißchen, als er das hörte.
Willkommen! hat er dich geheißen.
Nachdem du mal weg warst,
die Tür fest verriegelt,
mußte er vor Gekicher fast in die Hosen scheißen.
Meine Quote, dacht er, ist damit erfüllt,
die Kanonen werden nicht verhungern.
Kameradschaft
Pflicht
Ehre
Treue
Disziplin
Die Lieblingswörter deines Ausbilders.
Die Ausbildung war zu Ende,
mit links hast du’s geschafft.
Jetzt erwartete dich ganz bestimmt eine Stelle
in der Logistik, der Verwaltung, der Materialbeschaffung,
nur kein Kriegseinsatz —
hat dir der Werber versprochen.
Erst als du mit der Waffe in der Hand
in der fernen Wüste standest, dämmerte es:
Er hätte dir sogar den Mond versprochen.
In dein Ohr:
Die Freiheit!
Der Friede!
Die Demokratie!
Krieg dem Bösen!
Notwehr!
Terroristengefahr!
Uns lieben alle!
Vor deinen Augen:
Blut.
Tod.
Greuel.
Haß.
Zerbombte Schulen.
Verbrannte Städte.
Ein Buchhändler,
wehrlos, unbewaffnet.
Das Loch in seiner Brust
hat er von dir.
Ein einziger Leichenberg.
Das war einmal ein Dörfchen,
seine Bewohner waren stolz auf ihre Palmen;
die Bäume gibt’s nicht mehr.
Hat dein Kamerad zerstampft.
Und das Stacheldraht, die Kontrollstelle,
zeugen davon, daß
es kein Dorf mehr ist,
sondern ein Konzentrationslager.
Ein Kamerad sammelt Ohren.
Ein anderer hat Spaß dran,
seinen Gefangenen das Gewehr in den Arsch zu schieben.
Für Fahne
Freiheit
Frieden
Vaterland.
Im Kopf stemmt sich ein Gedanke hoch:
Gab’s das nicht schon mal?
Diese Parolen
Diese Selbstbeweihräucherung
Diese angst- und haßerfüllten Blicke
Dieses Foltern
Dieses Gemetzel
Wo hat’s das früher gegeben?
Geschichte machen wir hier.
Will ich so in die Geschichte eingehn?
Mir schon wieder die immergleichen Ausreden einprägen?
Sollen meine Enkelkinder von mir hören:
Befehl ist Befehl
Im Krieg gelten andere Gesetze
Der Gegner war auch nicht anders
Das waren andere Zeiten
Das diente einer gerechten Sache
Will ich meinen Enkelkindern etwas erzählen,
woran ich selber nicht mehr glaube?
Soll sich die Nachwelt meiner schämen?
Will ich noch mehr Schuld auf unser Land laden?
Da helfen nicht mal die Drogen.
Zwei blutüberströmte Jahre
Zehntausende von Menschenleben
Tonnenweise Blei und Sprengstoff
Im Nu sind sie verstrichen.
Wieder daheim.
Der erste Urlaub.
In ein paar Wochen mußt du dich wieder melden.
Von heut auf morgen ist es vorbei.
Der Schlachthof wartet.
Du schaust gen Norden.
Zwei Worte im Kopf:
OHNE MICH.